Gedichte, Krimis, Satiren und Geschichten

von Gunnar Schuberth

In der Nähe von Siena

Doch einmal, morgens um sechs, stand ich auf und schloss alle Fenster, und verklebte die Ritzen an der Tür und am Fensterrahmen und steckte mir Wachs in die Ohren.
Und der Schweiß lief mir über das Gesicht, über die Brust und den Rücken, und ich zitterte, aber ich musste etwas tun, um die Stimmen nicht mehr zu hören.

Der Schlaf des Schmetterlings

 

 

Fake News - knapp an der Wahrheit vorbei

Freie Wahl für freie Abgeordnete

Minderheitsregierung, große Koalition oder doch wieder Jamaica Koalition?
Niemand weiß, wie es politisch in Deutschland weitergehen soll. Mitten in diese politische Erstarrung hat die SPD-Abgeordnete Waltraud Stanovski einen überraschenden Vorschlag.

„Man könnte einfach so regieren, dass jeder Abgeordnete ohne Fraktionszwang frei über Anträge entscheiden kann.“

Viele Wähler sind von der revolutionären Idee begeistert. Doch bei den Spitzen der im Bundestag sitzenden Parteien und auch unter den Abgeordneten stößt der Plan nur bedingt auf Zustimmung.

Martin Goldmann, ein Hinterbänkler der CDU, fasst die Bedenken zusammen: „Frei entscheiden. Da müsste ich mich ja auch immer informieren, worum es geht. Und dafür diese ganzen langen Texte lesen. Und dauernd im Parlament sitzen,um die ganzen Reden dazu zu hören. Wie soll ich das schaffen, bei den ganzen Nebentätigkeiten, die ein normaler Abgeordneter hat?“

Der Kanzleramtsminister Peter Altmaier stimmt dem Hinterbänkler zu: „Ich sehe nicht, wie das funktionieren soll. Die letzten Jahre hat das wunderbar geklappt, dass die Kanzlerin uns gesagt hat, wie wir abstimmen sollen. Ich könnte mir das für mich auch gar nicht vorstellen. Bevor ich überhaupt eine Meinung habe, frage ich die Kanzlerin, ob das okay ist. Das ist verlässliche Politik.“

Auf die Frage, ob er denn selbst eine Idee habe, wie es weitergehen solle mit der Regierungsbildung in Deutschland, antwortet er nach langem Überlegen:
„Ich muss erst die Kanzlerin fragen.“

Auch der Politikexperte Balthasar Expert hat für den Vorschlag wenig übrig.
„Wichtige Entscheidungen wie die Grenzöffnung 2015 oder der Türkei-Deal wurden gemacht, ohne dass der einfache Abgeordnete damit viel zu tun hatte. Der hat das am Ende nur abgenickt. So funktioniert effektive und gute Politik.“
Daher würden die Parteien genau darauf achten, dass die Abgeordeten im Bundestag genau eine Fähigkeit beherrschten: Sie wüssten genau, wann sie bei einer Abstimmung die Hand heben müssten.

Dass jetzt eine Abgeordnete der SPD eine eigene Idee hatte, die nicht von den Parteichefs oder den Medien vorgegeben wurde, beunruhigt Balthasar Expert zutiefst.
„Wenn das um sich greift, und zum Schluss auch die Leute auf der Straße denken, sie könnten irgendwie mitreden oder entscheiden, dann sehe ich die Demokratie in Gefahr.“